⬅️  Zurück zum Reisebericht "Rio de Janeiro".

🇵🇹 Porto

Die Rückkehr nach Europa

25. Februar 2023 - Lieblingsstadt am Douro

Der Flug nach Porto ist lang. Wir starten kurz vor Mitternacht. Gut gegessen hatte ich schon in der Lounge, Hunger habe ich also keinen mehr. Ich verzichte auf das Menü und schlafe lieber. Doch bei Essensdüften schlafen? Das funktioniert nicht. Später versuchen die Turbulenzen mich in den Schlaf zu wiegen, aber nur mit mäßigem Erfolg. Auf halber Strecke geht draußen die Sonne auf, nochmal umdrehen bis zum Frühstück, geht doch. Die Ankunft in meiner Lieblingsstadt ist pünktlich, ich bin als Erster draußen, Taxi zur Rua Fabrica. Den Weg kenne ich. Bruno, der Vermieter hat mir vorhin den Türcode getextet, alles ist wie immer, vierte Etage, Tür auf, Balkon auf, durchatmen. Bem-vindo, amado Porto, Du schöne Stadt am Douro!

Ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben, lediglich zurück in Europa zu sein und mich schon zu Hause zu fühlen. Immerhin ist Porto zweitausend Kilometer von meiner Wahlheimat auf dem Teutoburger Wald entfernt. Ich habe mir die Welt ganz schön kleingereist. Die winterliche Sonne scheint warm und die Temperaturen sind eine Erholung von Rio. Möwen kreis(ch)en vor dem Panorama der Altstadt, genau wie in Valparaíso vor einer Woche. Die hellen Glocken der Igreja dos Clérigos läuten, es ist zwei Uhr nachmittags. Ich bekomme das gerade nicht sortiert in meinem Kopf und bin einfach nur glücklich, hier zu sein.

Eine wohltuende Dusche, frische Klamotten anziehen - wärmere als in Rio - dann gehe ich zur Ablenkung erst einmal einkaufen. Heute Abend bleibe ich zu Hause und koche mir was. Ist das herrlich hier, ich glaub‘ das alles noch gar nicht. Hinein ins Vergnügen!

26. Februar - 1. März 2023 - Nichtstun und Lieblingspfade

Ich halte mich streng an meinen Plan, keinen Plan zu haben. Die Woche hier in meiner Lieblingsstadt am Douro ist ausschließlich dazu gedacht, um von den Eindrücken und Erlebnissen der letzten gut acht Monate (incl. Kaukasus) etwas herunterzukommen und den kulturellen Aufprall in Deutschland etwas zu dämpfen.

Lange schlafen ist die erste wunderschöne Aktion, mit der fast jeder Tag beginnt. Kein Wecker, keine Termine, keine Etappenziele. Nur die warme Morgensonne, die durch die Dachbalkonfenster scheint und mich zusammen mit dem Kreischen der Möwen sanft weckt. Kurz darauf duftet es nach frischem Kaffee, den ich in der Sonne trinke, während ich das herrliche Panorama vor meinem Balkon jeden Morgen neu sortiere.

Die meisten Kräne vom letzten Winter sind verschwunden, vieles ist in dem Jahr seit meinem letzten Besuch fertig geworden. Es ist äußerst verwirrend, wenn ich mich bei meinen Betrachtungen an den markanten Gebäuden orientiere, wohlwissend, dass sie fußläufig nicht gerade nah beieinander liegen. Es ist schön, sich etwas auszukennen, das ist so ein bisschen wie hierhergehören, wie zu Hause zu sein.

Mit Wanderschuhen und Fleece mache ich mich auf in die Altstadt. Ohne Plan spaziere ich bekannte Wege und Orte ab, einerseits um sie wiederzusehen, andererseits um zu schauen, was sich verändert hat. Vorbei am Torre dos Clérigos zum Miradouro da Vitória, dann die steilen Treppen hinunter nach Largo de Santo Domingos. Es ist der steilste Weg, aber der kürzeste nach Ribeira.

Die größte aller Baustellen am Praça da Liberdade hat sich nach Süden verschoben, es gibt kein Durchkommen mehr von der Rua dos Clérigos. Die legendäre Linea 22 bleibt weiter außer Betrieb, das kann noch Jahre dauern.

Dafür hat man einen der architektonisch schönsten Verkehrsknoten in Angriff genommen. Die Ecke Rua de Sá da Bandeira am São Bento Bahnhof. Die heruntergekommene, geschwungene Freitreppe hat mich schon letztes Jahr begeistert und wird in absehbarer Zeit vielleicht wieder als Eingang zur Metro genutzt. Wie schön wäre das denn!

Fertiggestellt dagegen ist der berühmte Mercado do Bolhão. Alles ist frisch und neu und ist noch sehr steril und leblos. Die Marktstände wirken etwas vereinsamt in diesem gigantischen Gebäude. Vielleicht bin ich auch nur zu einem ungünstigen Zeitpunkt hier, der Raum fasst mindestens das Dreifache an Händlern. Nichtsdestotrotz sind die angebotenen Waren sehr vielfältig und hervorragend hier. Gemüse, Früchte, Fisch, Fleisch, Käse, Süßwaren, Backwaren, Blumen, einfach alles, was das Herz begehrt, insbesondere das eines Hobbykochs.

Dann hinunter nach Ribeira, mir ist nach einem Seco de Branco und einem Café. Irgendwo in der ersten Reihe des Getümmels bekomme ich, was ich wünsche und lasse mich von der Musik der Straßenkünstler berieseln. Die späte Sonne scheint flach auf die Hafenpromenade. Hier wollte ich hin, hier ist es schön.

Ich nehme das nächst beste Wassertaxi hinüber nach Gaia, dorthin, wo alles, was Rang und Namen in der Portweinbranche hat, vertreten ist. Nein, kaufen tue ich nichts, mir reicht ein Spaziergang bis zur Teleférico, die mich wieder nach oben bringt zum Jardim do Morro, dem südlichen Aufsetzpunt der Ponte Luís I. Ich genieße den Ausblick hinunter nach Ribeira und kehre über diese weltberühmte Stahlbrücke und das Wahrzeichen von Porto zurück in die Altstadt. Man muss nämlich genau unterscheiden, Porto und Gaia sind zwei verschiedene Städte und man legt Wert darauf!

Dann geht es langsam heimwärts und am Abend zieht es mich noch in mein Lieblings-Tapas-Restaurant am Praça de Guilherme Gomes Fernandes. Ich lasse mich mit Bacalhau und anderen Tapas verwöhnen. Zum Nachtisch noch eine Kleinigkeit. Baba de Camelo! So hatte ich mir das vorgestellt.

Und so sehen alle Tage aus, die mir so gut tun und die viel zu schnell vergehen. Doch seien wir dankbar, es ist mehr als wunderbar hier! Morgen ist noch ein Tag, ich freue mich.

2. März 2023 - Mein letzter Tag in Porto

Schon ist der letzte Tag in Porto für mich angebrochen und auch heute lasse ich mich - zum letzten Mal - durch die Straßen und Gassen treiben. Café A Brasileira, Igreja Paroquial de Santo Idefonso, die steilen Escadas do Codeçal hinunter zum Wasser und zu Fuß über den unteren Übergang der Ponte Luis I. Von der Gaia Seite aus habe ich vom Fuß der Brücke einen tollen Blick über die Kais von Ribeira. Die Sonne ist schon richtig warm als ich an den ganzen Kellereien entlangschlendere. Eine ist dann die Auserwählte, wo ich mir nochmals einen Branco Seco bestelle. Wo könnte mein liebster Portwein besser schmecken als hier, wo er produziert wird? Ich nippe nur ab und zu an dem edlen Gesöff, das Glas leert sich so sehr viel langsamer und ich habe länger etwas davon. Dennoch ist es irgendwann Zeit für den Rückweg. Das Wassertaxi bringt mich für dreifünfzig über den Fluss zurück nach Porto. Vorbei an unzähligen Musikern und Souvenirhändlern laufe ich wieder bis zur Brücke und nehme die Funicular dos Guindais hinauf nach Batalha. Den Rest des Weges habe ich vergessen, er muss sehr schön gewesen sein.

Zurück in meiner Dachwohnung heißt es nun Sachen packen, morgen früh fliege ich nach Berlin, wo meine Reise endet. Was für wunderbare Tage waren das in Porto, ohne Programm, einfach ausruhen, einfach nur dort sein. Ausklang!

Adeus, Porto. Até a próxima vez.

* * *

 

ENDE einer langen Reise

⬅️  Zurück zur "Auszeit 2022"